Das Koppelungsverbot im Kontext des Hamburger Zukunftsentscheids

Anlässlich der Volksinitiative von FFF in Hamburg haben wir vor einigen Monaten das Institut des Volksentscheids sowie dessen Voraussetzungen näher dargestellt. Eine zentrale Hürde stellt dabei das sog. „Koppelungsverbot“dar, das es verbietet zwei sachlich und inhaltlich nicht zusammengehörige Materien gemeinsam zur Abstimmung zu stellen.[1]

Ausdrücklich ist das Koppelungsverbot in der Hamburgischen Landesverfassung nicht geregelt. Normativer Anknüpfungspunkt ist vielmehr das Demokratieprinzip in Art. 3 Abs. 1 HbgVerf. Dahinter steht der folgende Gedanke: Da bei einem Volksentscheid nur mit „Ja“ und „Nein“ gestimmt werden kann, ist es dem Abstimmenden nicht möglich einzelne Teile der Frage abzulehnen. Die Verbindung mehrerer, nicht zusammenhängender Gegenstände birgt daher die Gefahr einer Verfälschung des Abstimmungswillens sowie der Erschleichung eines bestimmten Abstimmungsergebnisses. Mehrere Fragen müssen deshalb grundsätzlich einzeln zur Abstimmung gestellt werden, um so eine möglichst differenzierte Willensbildung des Volkes zu ermöglichen. Im Übrigen soll das Koppelungsverbot auch der Gefahr entgegenwirken, dass Regelungen die erforderliche Mehrheit nur aufgrund der Verbindung mit einem populären (und damit zugkräftigen) Einzelbegehren erreichen.

Maßstab dafür, ob ein sachlich-inhaltlicher Zusammenhang vorliegt, ist nicht schon eine gemeinsame Motivation; vielmehr müssen sich die vorgeschlagenen Regelungen auf einen umgrenzbaren Bereich beschränken, nach objektiver Beurteilung innerlich eng zusammenhängen, d.h. insgesamt eine „Einheit der Materie“[2] darstellen. In einer vergangenen Entscheidung stellte das Hamburgische Verfassungsgericht hierfür darauf ab, dass die zur Abstimmung gestellten Maßnahmen hinsichtlich „ihrer konkreten Wirkungsweisen“ eng verbunden seien.[3] In einem anderen Urteil wurde der Zusammenhang abgelehnt, weil die Gegenstände auch ohneeinander sinnvoll fortbestünden und daher nicht miteinander „stehen und fallen“ würden.[4] 

Das Koppelungsverbot stellt damit eine nicht zu unterschätzende Hürde für Volksbegehren dar, die mehr als nur eine konkrete Maßnahme vorschlagen. Darüber hinaus können sich für Volksbegehren auch die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Parlaments sowie die Grenzen der Landeskompetenzen (Art. 70 ff. GG) als hinderlich erweisen.

 

Eine Recherche von: Lina Ebbecke, Luca Haspinger, Charlotte Jawurek, Martha Lucke, Luisa Raupach, Nabila Rehbein, Phillip Wessolowski, Janne Wollnik

Quellen

[1] Das Koppelungsverbot geht auf eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH) vom 15. Dezember 1976 zurück. Grundlegend in Hamburg ist das Urteil v. 13.10.2016 (Az. HVerfG 2/16), das ausdrücklich Bezug nimmt auf die umfassenden Ausführungen in BayVerfGH, Ent. v. 24.02.2000 Az. 112-IX-99. Auch von anderen Landesverfassungsgerichten ist das Koppelungsverbot mittlerweile anerkannt worden: Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschl. v. 18.11.2020 Az. VerfGH 173/19; Staatsgerichtshof Bremen, Urt. v. 20.02.2020 Az. St 1/19.

[2] Diese Formel ist Art. 139 Abs. 3 der Schweizer Bundesverfassung entlehnt.

[3] Hamburgisches Verfassungsgericht (HbgVerfG), Urt. v. 13.10.2016 Az. HVerfG 2/16, Rn. 46.

[4] HbgVerfG, Urt. v. 07.05.2019 Az. HVerfG 4/2018, Rn. 67.

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